investition in die zukunft

Sozialarbeiterin aus Leidenschaft

Mit zwei Jahren floh Frau I. mit ihrer Familie als Mitglied einer verfolgten Minderheit im Mittleren Osten in den 90ern zu Fuß bis ans Mittelmeer. In Deutschland angekommen bekam sie, anders als ihre Eltern und Geschwister, früh die Chance durch Bildungsangebote unterstützt und gefördert zu werden. Heute ist sie Sozialarbeiterin und kämpft für die Belange von Kindern und Jugendlichen.

Frau I. berichtet:


„Für mich war es wichtig, in den Kindergarten zu kommen.  Ich habe dort noch eine Chance gehabt, meine Geschwister nicht.
Es gab keinen Tag an dem ich nicht gerne dahin gegangen bin. Da hab ich Deutsch gelernt. In der Grundschule habe ich auf dem Boden in unserer Wohnung mit meinem Vater Hausaufgaben gemacht. Mein Vater hatte nämlich ein paar Jahre die Schule besucht.

Ich bin dann auf die Realschule gekommen. Meine Hausaufgaben habe ich dann in einer Lernhilfe gemacht. Wenn ich Hilfe brauchte, habe ich die bekommen. Aber es war auch diese gezielte Aufmerksamkeit, die ich suchte und bekam. Ich wusste immer, wenn ich da bin, werde ich mit all meinen Bedürfnissen aufgefangen. Oft habe ich gar keine Hausaufgaben gemacht, sondern viel mit der Leiterin dort geredet. Zu Hause ging das oft nicht so. Ich hatte immer was auf dem Herzen. Ich bin immer länger und länger dort geblieben.
Ich war immer zu Hause unzufrieden, aber ich wusste nie, warum. Ich habe immer die Mädchen in meiner Klasse beneidet. Meine Mutter konnte sich nicht um mich kümmern. Es ging oft um banale Sachen, aber sie waren für mich wichtig. Meine Mutter ist zwangsverheiratet worden. Die Ehe meiner Eltern ist nicht einfach.

Wenn ich auf mein Leben gucke, habe ich das Gefühl, dass ich immer um alles kämpfen musste.  Alles war ein Kampf.
Heute bin ich Sozialarbeiterin. Beim Vorstellungsgespräch haben sie mich gefragt, warum ich Soziale Arbeit studiert habe. Und dann habe ich gesagt: Ich habe in einem besonderen Stadtteil gewohnt, in einem Sozialen Brennpunkt. Das dürfen Sie wohl wissen. Und da gab es eine tolle Frau in einer Beratungsstelle mit Lern- und Freizeithilfe. Wir Kinder hatten in ihr immer eine Anlaufstelle. Sie hatte immer für uns Zeit. Ich weiß, wie viel uns das gebracht hat. Wenn wir das nicht gehabt hätten! Wir wussten, da können wir immer hingehen. Das hat mich auf die Idee gebracht.“